Mittwoch, 27. Juni 2012

Blöder Abwasserkanal!

In der Zeitung stand mal, wie ein Politiker in einen Abwasserkanal gefallen ist. Einen anderen Freiwilligen hat es hier auch getroffen. Haha, wie doof :)

Der Dienstag war ein fleißiger Tag. Heute war ich nicht in der Schule, da ich stattdessen bei einem Meeting unserer Spenden-Gruppe war. Wir trafen uns mit dem Leiter eines Waisenhauses um mit ihm zu besprechen, ob wir das Haus unterstützen können, damit sie dort wieder eine Bäckerei betreiben können (wurde dort nämlich schon einmal). Damit soll das Waisenhaus die Möglichkeit haben, selber Geld verdienen zu können und unser Plan war, mit gesammelten Spenden eine Startfinanzierung zu leisten.

Die Zeit danach war ich mit einer anderen Freiwilligen in Swedru (so sagen die Insider wie wir - nur Anfänger sagen noch Agona Swedru!) unterwegs. Sie besuchte einen Schneider um Kleider abzuholen, ich wollte bei einem anderen aus dem Schulstoff den ich von meinem Mitfreiwilligen in der Schule bekommen hatte mir ein weiteres Hemd schneidern lassen.

Den Taylor in Sichtweite stand in der Nähe ein Kleintransporter und drei Männer mühten sich ab, ihn anzuschieben. Ich wurde nach einem "white man" zur Begrüßung eingeladen mitzumachen. Klar. Nachdem ich bewiesen hatte, wie stark ich war, konnte ich erhobenen Hauptes weiter zum Schneider gehen. Noch den kleinen Abwasserkanal umrunden und schon da. Hm, nehmen wir den längeren Weg mit der Brücke oder den kürzeren über die fußbreite Mauer? Ich entschied mich für letzteres.

Ein Schritt auf der Mauer, ein weiterer. Dann war der Plan, auf ein kleines Grasbüschel neben der Mauer zu treten, welches aus einer Wasserlache hervorlugte. Danach wollte ich nach vorne greifen, um mich an einer senkrechten Metallstange festzuhalten und schon sollte ich da sein. Naja, es kann ja nicht alles mit dem Spruch von Hannibal vom A-Team abgeschlossen werden ("Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!").


Der Tritt aufs Grasbüschel scheiterte - es hatte sich nur als Gras getarnt und war in Wirklichkeit auch Wasser. Ich trete zu und sackte ab, falle nach vorne und will die Stange greifen, aber auch das wurde dann nichts mehr. Dafür rutschte ich hinab in den Abwasserkanal (wer weiß, welches Abwasser sich darin so tummelt). Ich wollte mich noch irgendwo festhalten, schlug aber stattdessen nur noch als Zugabe mit den Händen in die hinterhältige neben der Mauer platzierte Wasserlache.

Huch, was ist denn da passiert?
Das Ergebnis war ein nasser Jörn, der schnell wieder (nun gesenkten Hauptes) aus dem Kanal stieg. Hoch war das Wasser nicht, aber ekelig. Interessierte gab es genug um mich herum - wie zum Beispiel die Herren vom Transporter, den Schneider und einige andere. Mir wurden gleich viele besorgte "sorrys" zugerufen und da ich wohl etwas straßenuntaugleich aussah, kam gleich eine Frau mit einem Eimer Wasser und ein Mann half mir, mich notdürftig an Armen, Beinen und im Gesicht zu waschen.

So, bitte lächeln!
Meine Begleiterin fand es nach dem ersten Schreck lustig und auch ich konnte darüber lachen. Wenn ich das schon über andere Verunglückte kann, dann auch über mich. Auch beim Schreiben kommt mir wieder das Grinsen, weil ich mir denke: Haha, wie doof :)

Ich versuchte mich danach noch einmal an dem schmalen Übergang (yeah, geschafft!), da ich ja noch zum Schneider wollte. Die andere Freiwillige blieb mit der Kamera zurück - vielleicht gibt es ja noch was zu dokumentieren. Als ich wieder ging, wünschte er mir noch "safe journey". Wie nett :)

Zuhause habe ich dann meine Kleidung und den Rucksack gewaschen. Puh, roch nicht gut. Und das Wasser sah danach auch nicht mehr so lecker aus.


[Nachtrag]
Wir hatten mittlerweile unser letztes Seminar hier in Ghana. Unser Abschlussseminar. Was ist noch zu beachten bevor es zurückgeht, wie zufrieden sind wir mit unserem Erreichten während unseres Aufenthalts etc.

Der ARA-Leiter hatte auch den neusten Tratsch aus der Stadt dabei. Er hatte gehört, dass ein Weißer in ein Abwasserkanal gefallen war; ob das einer von uns war. Da dachte ich mir, dass das wohl noch anderen passiert - welch ein Zufall. Und er war in Begleitung. Na, ist ja nicht ungewöhnlich. Es war eine andere Weiße. Hm, es sollte doch nicht etwa...? Und diese soll laut gelacht haben, als der Freiwillige im Gutter gelandet war. Da musste ich aber doch losprusten und gab mich zu erkennen. Zuerst dachte ich wirklich, dass es jemand anders hätte sein können, doch hatten sich die Hinweise immer weiter verdichtet.

Ich war erstaunt, dass sowas zu unserem Leiter durchdrang :)
[/Nachtrag]

Sonntag, 17. Juni 2012

Spendeninfo & Blog-Frage

In dem Eintrag Spenden (siehe die Leiste oben) im Blog geht es darum, dass ich mich für meinen Freiwilligendienst um Spendengelder kümmern muss, um 25% der anfallenden Kosten zu decken. Nun, kurz vorm Ende meines hiesigen Aufenthalts, ist das Spendensoll erfüllt. Somit ist es nicht mehr nötig weiter zu spenden - möglich ist es aber trotzdem. Dieses Geld wird dann aber nicht mehr für mein Projekt verwendet, sondern kommt meiner Entsendeorganisation ijgd zugute, welche dieses Geld für andere Dienste und anfallende Kosten nutzen kann.

"Kurz vorm Ende"

40 Tage werde ich nun noch in Ghana bleiben. Also nicht mehr viel Zeit. In meinem Blog habe ich schon über einige Dinge geschrieben - meine Frage ist, ob es Dinge gibt, auf die schon lange gehofft wurde, die aber hier noch nicht behandelt wurden. Was möchtet ihr/möchten Sie gerne noch erfahren oder worüber etwas lesen? Wenn es sich machen lässt, werde ich darüber gerne einen Eintrag schreiben.

Ideen gerne über die Kommentarfunktion, per Mail oder bei Facebook.


Das Bild stammt von der Bank of Ghana
https://www.bog.gov.gh
Das Geld ist beisammen. Hier handelt es sich um die bis Ende 2007 gültige Cedi-Währung. Ab 2008 gab es den neuen Ghana-Cedi - es wurden vier Nullen gestichen. Auf dem Bild sehen wir 10.000 alte Cedi - für diesen Wert gab es ab 2008 1¢-Scheine (etwa 40ct). Gerechnet wird aber meistens doch noch immer in der alten Währung. So wird einem der Preis für eine Taxifahrt mit "five-thousand" genannt - bezahlt wird dann mit 50 Pesewas.

Tag der Unabhängigkeit

Wir haben den 3. Oktober als unseren nationalen Feiertag, die Amerikaner haben wie man seit spätestens dem gleichnamigen Film weiß den Independance Day und in Ghana gibt es auch einen Unabhängigkeitstag - und darüber hatte ich ja versprochen noch zu schreiben.

Ich gehe davon aus, dass mehr ghanaische Kinder wissen, wann deren Feiertag ist, als dass bei uns die Kinder wissen, dass oder wofür auch es den 3. Oktober gibt. Die Nationalhymne kann auch gut gesungen werden, da sie jeden Morgen beim Appell in der Schule geträllert wird.

Ich war das Wochenende vor dem 6. März (das ist der Unabhängigkeitstag) mal wieder in Accra. Beim Independence Square sah ich einige Leute, die damit beschäftigt waren, die Straßenmarkierungen zu erneuern und außerdem frische Blumen zu pflanzen. Auf dem Black-Star-Denkmal standen einige Leute in Uniform wie auch in der Nähe des Independence Squares. Welche ein Zufall – ich wusste zwar noch nicht um was es ging, freute mich aber, dass ich wieder etwas sehen und erleben konnte – ungeplant.

Auf dem Square waren viele Menschen und Fahrzeuge in Reih' und Glied abgestellt. Es gab welche von der Polizei, der Feuerwehr und der Armee. Die Aufgabe war nun bei dieser Generalprobe (als welche ich diese Veranstaltung nun entlarvte), zu marschieren und alles für den 6. März zu testen, da ja alles gut klappen sollte, wenn die Veranstaltung einige Tage später für ganz Ghana im Fernsehen gezeigt werden sollte. Beteiligt waren außerdem viele Schulen und die Schüler marschierten daher ebenso mit.


Später las ich in der Zeitung, dass überlegt wird, die Schüler nicht mehr mitmarschieren zu lassen. Der Grund war, dass bei der Veranstaltung wohl immer viele Schüler ohnmächtig werden, wenn sie die ganze Zeit in der Sonne stehen und nichts trinken können. Das hatte ich auch bei der Generalprobe erlebt – wobei ich mir da nicht sicher war, ob sie wirklich ohnmächtig wurden, oder das nur gespielt wurde, um die abgestellten Rettungskräfte auch auf den Ernstfall vorzubereiten.

Am 6. März selber war ich zuhause in Agona Swedru und besuchte mit meinem kleinsten Gastbruder und dem anderen Mädel aus unserem Haus unseren Sportplatz, auf dem die örtliche Veranstaltung stattfinden sollte.

Das Programm war nicht sehr interessant. Es war aber schön anzusehen, die ganzen Schüler in ihren Schuluniformen marschieren zu sehen. Vorweg ging immer ein Lehrer. Eine andere Freiwillige war auch gebeten worden, bei ihrer Schulgruppe vorweg zu laufen, was sie aber gerade noch verhindern konnte :)


Schüler meiner Schule waren auch dabei und ich sah sie schon die beiden Wochen zuvor auf unserem Sportplatz zu Übungszwecken marschieren. Es waren bestimmt 30 Schulen dabei – wenn nicht mehr.

Schüler meiner Schule
Ich schreibe, dass es schön anzusehen war. Was denkt man aber als Leser darüber? Ah, marschieren, ja, kennt man ja. Und man hat möglicherweise gleich bestimmte Bilder vor Augen. Doch kann man natürlich nicht alles gleichsetzen. Marschieren ist hier für jung und alt eine Sache bei der sie mit Spaß und Ernst dabei sind. Bei den sonntäglichen Zügen in die Kirchen mit Kappellenunterstützung wird ebenfalls marschiert. Das war zwar auch für mich zu Beginn ungewöhnlich, aber hier ist es ganz normal.

Zwischendrin spielten verschiedene Kapellen Musik; besser gesagt, sie bekriegten sich. Es wurde weiter nicht darauf geachtet, ob gerade andere spielten – wenn man meinte dran zu sein, ging es los :)


Viel gab das Programm nicht her, doch war es nett, dabei gewesen zu sein.

Freitag, 1. Juni 2012

Tote und lebende Tiere in Keta

Letzte Woche war der Freitag frei (Africa Day). Somit konnten drei Tage für eine Fahrt in die Volta-Region, die im Osten Ghanas und an der Grenze zu Togo liegt, genutzt werden. Ich war mit einer anderen Freiwilligen unterwegs. Wir fuhren nach Keta. Dieser Ort liegt auf einem schmalen Landstrich zwischen Atlantik und Lagunen.

Es ging zuerst mit einem Trotro nach Accra und von dort direkt nach Keta. Damit kam ich Togo sehr nahe. Einige Ghana-Freiwillige haben dort schon andere Volontäre besucht, die eben in Togo ihre Einsatzstelle haben. Es wäre schön, wenn ich das auch noch machen könnte, doch bleiben mir nun nur noch zwei Monate hier, somit dürfte es knapp werden.

Vor Ort suchten wir nach einer Unterkunft, für die wir uns zuvor mithilfe des Reiseführers entschieden hatten. Da wir keinen Stadtplan (Dorfplan würde aber wohl besser passen) hatten, liefen wir auf gut Glück umher und fanden als erstes das Fort, welches wir auch besuchen wollten.


Dieses war 1784 von den Dänen erbaut worden, um von dort Sklaven verschiffen zu können.

Wir ließen uns durch die Ruine führen und einige interessante Dinge erklären. Vergleichbar ist dieser Ort mit den Sklavenburgen in beispielsweise Cape Coast und Elmina aufgrund der geringen Größe und des Zustands allerdings nicht. Viel mehr als 100 Sklaven waren hier nicht gleichzeitig untergebracht –- im Gegensatz zu Cape Coast, wo allein 500 Männer eingesperrt auf ihren Abtransport warteten.

In Keta und Umgebung gab es lange Zeit das Problem, dass das Meer sich immer mehr des Landes bemächtigte. Somit hätte es auch nicht mehr lange gedauert, bis dem Fort der Boden abgegraben worden wäre. Um dies zu verhindern, wurde das Ufer befestigt. Dazu wurden große Gesteinsbrocken von der Oberfläche in bis zu zehn Metern Tiefe vergraben. Dies hat einige Millionen Euro gekostet.

Ein Bild von Wiki von 1985.
Auf dem ersten Bild unter diesem Absatz  kann man schemenhaft etwas rechts einige Fischerbote auf dem Wasser erkennen. Über diese Stelle erzählte uns unser Führer, dass er erlebt hatte, wie dort noch Land und Gebäude waren. Zu diesem Zeitpunkt war das Ufer noch nicht befestigt gewesen und das Meer konnte somit einfach Landraub begehen. 


Wir besuchten in dem Ort außerdem am folgenden Tag den Markt. Meine Begleiterin wollte gerne Schalen kaufen, die aus ausgehöhlten Früchten hergestellt werden. Während ich so dabei stand, und den Blick auf die anderen Waren des Verkäufers warf, entdeckte ich einen toten Vogel dabei. Interessant, doch was macht der da? Doch dann zeigte mir der Verkäufer noch weitere Tiere. Entweder ganze Tiere oder nur deren Köpfe. Nun erfuhren wir auch, dass diese Tiere für rituelle Zwecke verwendet werden. Für den Hundekopf sind 30 Cedi (etwa 12€) zu bezahlen.


 

Diese Tiere dort zu sehen war einerseits befremdlich, andererseits aber halt auch interessant, zumal der Verkäufer auch einiges erklärte und sagte, um welche Tiere es sich handelte, was man auf den ersten Blick nicht immer erkennen konnte.


In einer mit Wasser gefüllten Kühlbox gab es aber auch noch lebende Tiere. Darin waren Schildkröten. Diese können dann auch für rituelle Zwecke oder auch zum Essen verwendet werden.


In der Nähe gab es auch das Flussdelta, über welches das Wasser des Volta-Flusses in den Atlantik geführt wird. Wir hatten vor, diesen Ort zu entdecken, kamen aber (da es schon langsam dunkel wurde) nur in die Nähe. Aber auch der Blick auf das Meer und die Lagunen davor waren ein schönes Bild.

Auf dem Weg dorthin sahen wir einige Tiere die am Ufer eines Flusses herumsprangen. Ich ließ mich von meiner begeisterten Begleiterin darüber aufklären, dass es sich hierbei um Schlammspringer handelte (und sie hatte dazu in der Schule mal ein Referat gehalten, die Tiere aber nie in echt gesehen). Diese Tiere sind Fische, welche aber an Land leben. Wie es sich aber für Fische gehört, haben sie Kiemen, so dass sie ab und an Wasser aus kleinen Wassermulden aufnehmen müssen, um ihre Kiemen zu füllen. Sie bewegen sich an Land mit ihren Vorderflossen fort und springen so durch die Gegend.

 
Ich freute mich darüber, einem Fischer bei seiner Arbeit zuzusehen. Er warf sein Netz in den Fluss, zog es ein und versuchte so, kleine Fische zu fangen. Die Ausbeute war allerdings mager -– am meisten fing er Blätter.


Auf der Rückreise kaufte die Mitfreiwillige aus dem Trotro heraus einen Beutel mit Krebsen als Mitbringsel für ihre Gastmutter. Die Krebse lebten noch. Kurz danach wurden wir zu einer etwa einstündigen Pause gezwungen, da es wohl ein Problem mit dem Keilriemen unseres Fahrzeugs gab. Ob das öfters vorkam? Es war jedenfalls praktisch, dass der Fahrer wie zufällig drei weitere Riemen dabei hatte...!


Weiterführende Links

In einem Podcast (vom 26. Feb. 2012) von NDR Info geht es um ein Dorf in der Nähe des Flussdeltas, welches versucht, mit Müll wieder mehr Land zu gewinnen (2. Beitrag ab 7:05min) (oder Download). [Nachtrag vom 2017-11-11: Leider ist der Podcast nicht mehr verfügbar.]

Um sich einen Überblick über die Lage der Orte zwischen Lagune und Meer zu machen, bietet GoogleMaps einen guten Überblick.