Mittwoch, 22. August 2012

ghanaische Musik

Bevor es mit dem eigentlichen Artikel losgeht, noch eine Info. Mit diesem unterhaltsamen und vorerst letzten Artikel in meinem Blog möchte ich allen danken, die mich in meinem Vorhaben unterstützt haben, nach Ghana zu gehen. Wer gerne live etwas über meinen Aufenthalt erfahren möchte, der ist zu einem Aufenthalts-/Erlebnis-/Erfahrungsbericht am 6. November um 19 Uhr im Café Tabor (Hildesheimer Str. 32, 30169 Hannover) eingeladen. 

In Ghana ist zwar die Hiplife-Musik ein weit verbreiteter Musikstil, den man allerdings zumeist im Radio hört. Viel offensiver wird man überall mit der sogenannten Azonto-Musik konfrontiert. In Spots, in Taxen und es tönt aus Handylautsprechern.

Da man dem nicht entgehen kann (wogegen ich allerdings auch nichts hatte) und es überall gespielt wird, habe ich schon die Theorie angestellt, dass jeder Ghanaer von der Regierung eine CD mit den 20 beliebtesten Stücken bekommt, damit man es immer spielen kann. Das wird zwar immer vehement verneint, aber ich weiß nicht, ob sie da die Wahrheit sagen...!

Azonto ist aber nicht nur Musik, sondern auch ein Tanz. In einigen Videos sieht man schon was davon und am Endes dieses Beitrags finden sich noch zwei Videos, die sich damit befassen.

Ich habe hier nun einige der Dauerbrenner (wovon einige tatsächlich auch schon einige Jahre alt sind) aufgeführt. Auch kommen nicht alle Lieder wirklich aus Ghana - Lieder aus Nigeria sind auch sehr beliebt und passen in diese Kategorie! Mit dem wollte ich Lieder kennzeichnen, die mir selber gut gefallen - nur habe ich nun festgestellt, dass fast alle einen bekommen haben. Egal :)

2 in 1 - Hudaada

4x4 – Waist & power

4x4 – World trade centre

Atumpan – The thing

Buk Bak – Kolom

Castro ft. Asamoah Gyan – African Girls

Demarco – I love my life

D Banj – Oliver Twist

Guru – Democracy

Guru - Lapaz Toyota

Quata – Baby

R2Bee's – Kiss your hand

Sakodie –  U go kill me

Stay Jay – Shashee Wowo

Stay Jay - Twaame Lala

Stonzzi & Linzzi – Ayoo

Sydney – Africa money

Tinny ft. Donaeo – I need it

V.I.P – I think I like am

Yawe Siki – Wope dodo

Es gibt nicht nur die Azonto-Musik, sondern dazu wie gesagt auch den passenden Azonto-Tanz. Wer es lernen möchte, findet hier einige Anregungen. In Ghana freuten sich immer alle, wenn man (als Weißer) das auch machte :)


 

Im Wikipedia-Artikel auch über etwas über die Entstehung des Azonto zu erfahren. Mein kleinster Gastbruder kann den Tanz bestens - Azonto erfreut sich einer großen Beliebtheit. Dazu gefallen mir die folgenden beiden Videos.



Sonntag, 5. August 2012

Tschüss Swedru, tschüss Ghana, hallo Deutschland, hallo Hannover

Seit einer Woche bin ich nun wieder in der Heimat. Ich hätte auch zuhause schreiben können, aber auch Swedru war ja mein zuhause - Heimat passt da doch besser.


Zwei Tage vor der Abfahrt war ich noch mal in der Schule, um meinen ICT-Kollegen Abschiedsbilder zu schenken. Meine Kamera hatte ich auch dabei und hatte sie vor dem Schul-Kiosk abgelegt, als ich dort etwas trank. Ich entschied mich, ein letztes Mal Jollof-Reis in der Schule zu essen. Die Kamera kam mir leider erst danach wieder in den Sinn - der Kiosk war zu und die Kamera weg. Schade so zwei Tage vor Ende. Am nächsten Tag fuhr ich also wieder in die Schule um beim Kiosk nachzufragen. Nein, hier ist sie nicht. Währenddessen sprach mich aber ein Schüler an. Er wusste um was es ging; er hatte die Kamera genommen um sie mir wiedergeben zu können. Wir gingen zu seiner Schulunterkunft und er holte sie aus seiner abschließbaren Kiste. Das fand' ich toll! Sehr nett!

Um 22:45 Uhr am 27. Juli sollte der Flieger abheben. Eins vorweg: ich habe es geschafft, ihn zu bekommen, doch hatte sich leider mein Abreise-Zeitplan etwas verschoben. Zwei Abende zuvor ging es mir schon nicht so gut, den Tag vor der Abreise wurde es auch eher schlechter als besser. Und es hatte sich angefühlt wie die letzten Male: Malaria. Aufgrund dieses Verdachts hatte ich mir Malaria-Medikamente gekauft und bin dann am Morgen des Abflugdatums zur Sicherheit noch mal zum Arzt gefahren. Der bestätigte meinen Verdacht und bescheinigte mir Malaria ++ (+ ist die schwächste Stufe, +++ die höchste). Der Arztbesuch hat mich mit An- und Abfahrt und einiger Wartezeit über fünf Stunden gekostet (Ich fand's ja lustig, auf der Rückfahrt bei einem Ghanaer die Vengaboys mit Boom boom boom als Klingelton zu hören :)). Und da ich am Abend zuvor nicht mehr dazu in der Lage war, musste ich danach auch noch mein Gepäck fertig packen. Nach den Medikamenten ging es mir aber schon wieder besser! Somit hatte ich vier mal Malaria, eine Infektion am Kopf und eine am Auge. Vor allem letztere war gar nicht schön. Nicht schön anzugucken und sie verursachte auch starke Kopfschmerzen.

Mich hat es mit meiner Malaria aber noch ganz gut getroffen: ein anderer Freiwilliger von uns hatte auch Malaria. Er musste allerdings stationär ins Krankenhaus und konnte daher seinen Rückflug nicht antreten. Sein Ersatzflug startete gestern - er blieb also ungeplant noch eine Woche länger. Dementsprechend blieb der Sitzplatz neben mir im Flugzeug leer.

Der Abschied zu Hause war schnell gemacht: ein paar Fotos, tschüss sagen und das war es schon. Meine Gastmutter war unterwegs, so dass ich mich von ihr gar nicht verabschieden konnte. Außerdem habe ich noch ein paar kleine Geschenke verteilt.


Mit meinem Gast-Bruder konnte ich dann um 18:30 Uhr in Swedru abgefahren. Andere waren schon ab 16 Uhr am Flughafen. Zuerst ging es mit dem Trotro los (warum hatte der Fahrer die Lüftung (für warme Luft wohlgemerkt) an?) und dann fuhren wir mit dem Taxi direkt zum Flughafen weiter. Vor dem Flughafen bekam mein Gast-Bruder noch Anrufe von seiner Freundin, seinem Vater und seiner Mutter. Ich sprach auch mit allen und konnte mich nun auch von meiner Gast-Mutter verabschieden! Alle anderen Freiwilligen waren natürlich schon eingecheckt, aber ich war trotzdem gut in der Zeit und traf sie dann 1,25 Stunden vor Abflug.

Hier beginnt Großbritannien.
Der Flug von Accra nach London verlief ohne Probleme (nicht wieder über drei Stunden warten am Flughafen) und von dort ging es auch gleich nach Hamburg weiter. Passender Weise war es in Hamburg diesig und später begann es auch zu regnen.

Wenn wem schlecht wurde, weiß ich warum!
Mein Restgeld war übrigens gut rationiert: mit 3,20 Cedi kam ich nach Hause. Ich hätte zwar gerne noch mehr als Andenken gehabt, aber gut. Ansonsten ist es zwar nicht wirklich komisch, aber halt doch anders, dass es nicht schon um kurz nach 18 Uhr dunkel wird, sondern erst gegen 22 Uhr. Und wenn dann abends Mücken um mich herum fliegen, bekomme ich erst einen kleinen Schreck, weil ich denke, dass ich ja gar nicht gegen die fiesen Moskitos geschützt und eingecremt bin, aber dann merke ich auch, dass es ja gar nicht nötig ist.

Meine Rückkehr verlief bisher unproblematisch. Es gibt ja den umgekehrten Kulturschock, den man bekommen kann, wenn man wieder in die eigene Heimat zurückkehrt. Von dem habe ich an mir allerdings noch nichts gemerkt. Er kann natürlich noch kommen; erwarten würde ich ihn allerdings nicht mehr. So war ich auch gleich auf der Rückfahrt mit der Familie im Supermarkt einkaufen. Es gab wieder Salami, 30 verschiedene Käsepackungen und Süßigkeiten en masse. Auch in Ghana konnte ich gut einkaufen, doch war das Angebot dort natürlich ein anderes. Das Angebot hier zu sehen hat mich allerdings nicht weiter schockiert. Es ist hier und dort einfach anders aber ich habe das Gefühl, in beiden Welten gut zurechtzukommen, so dass es nicht schwierig wäre, zwischen denen ohne große Umstellungsprobleme zu wechseln.

In den nächsten Wochen und Monaten werde ich in kleineren und größeren Runden von meinem Aufenthalt und meinen Erfahrungen berichten. Wenn du/Sie auch gerne noch mehr erfahren würdest/würden, kannst du/können Sie mich gerne ansprechen/anschreiben.

Wie versprochen soll noch der Musikbeitrag folgen. Der kommt also noch! Ich freu' mich drauf :)

Donnerstag, 26. Juli 2012

Dinge, über die ich nicht schrieb

11 Monate Ghana und 1 Tag bevor es zurück in die Heimat geht. Mit diesem Eintrag habe ich meinen 42. Beitrag veröffentlicht und viel geschrieben – aber es gibt so viele Dinge über die ich nichts geschrieben habe. Einige davon habe ich hier aufgelistet – und für manche Themen kann ich praktischerweise auf Blogeinträge anderer Ghana-Freiwilliger verweisen, die sich des Themas angenommen haben.


Essen

Fufu
Ich schrieb zwar ab und zu von Essen, doch einen umfassenden Überblick über die hier anzutreffenden Gerichte findet sich bei Lukas. Es passt gar nicht zum Thema, aber dennoch möchte ich auf einen weiteren Artikel auf seiner Seite verlinken. Er hatte nämlich vor einigen Monaten einen Unfall und berichtet darüber (und ein Nachtrag). Ich habe mir zuvor verkniffen, dies zu verlinken.

... und vorher wird es noch gestampft.

Kirche

Wie meine Freundin in einem ihrer Beiträge geschrieben hatte, gibt es hier eine riesige Anzahl verschiedener Kirchen. Ich habe vier bis fünf davon besucht und als allgemeines Fazit kann ich sagen, dass alle Gottesdienste (für unser Verständnis) sehr lange dauern, sie um einiges lauter sind als bei uns (die Katholiken nehmen sich aber auch hier mehr zurück) und Musik gibt es auch genug. Letzten Sonntag habe ich zum letzten mal den baptistischen Gottesdienst in Swedru besucht: 3,5 Stunden lang! Und Lieder der Gospel-Sänger dauerten zehn Minuten!

Geld wird gerne gesammelt, aber auch gerne gegeben. Sich davor zu drücken ist schwierig: bankweise wird zur Musik nach vorne gegangen und dabei auch von manchen ein bisschen getanzt. Auch das sieht man öfter: bei einem Besuch der International Central Gospel Church (I.C.G.C) zum Beispiel sah ich etwa vier junge Männer, die tanzten. Mit einem Tanzstil, der in der Disko nicht weiter auffallen würde.

Gibt es Lesungen aus der Bibel, werden sich oftmals die entsprechenden Textstellen notiert. Ich gehe davon aus, dass die Texte zuhause nachgearbeitet werden.

In der Methodisten-Kirche

Beerdigungen

Beerdigungen werden jedes Wochenende abgehalten. Das gesamte Programm ist dann auch wieder ein längeres. Es ist nicht ungewöhnlich, dass man etwa alle zwei Wochen zu einer Beerdigung geht, da die Gäste dafür auch sehr breitgefächert eingeladen werden. Ich selber war nur auf einer.

Donnerstag Abend und Freitag früh wird das Haus der Familie aufgeräumt und hergerichtet und es werden die hier jedes Wochenende zu sehenden rot-schwarzen Pavillons auf der Straße aufgestellt. Darunter kommen die Stühle für die Gäste. Die Straße ist dann durch die Pavillons belegt - Autos müssen sich einen anderen Weg suchen.


Am Freitag wird auch der Leichnam aus dem Leichenschauhaus in das Familie-Haus gebracht und die Leiche dort aufgebahrt. Dazu wird sie am Abend vorbereitet (eingekleidet etc.). Gegen 16 Uhr beginnt das "way keeping"-Programm: Es wird laute Musik gespielt, sich unterhalten und die Zeit einfach wach verbracht um den Verstorbenen auf seinem Weg zu begleiten. Dieses Programm dauert die ganze Nacht und durfte ich so etwas auch schon passiv (man könnte es doch schon fast aktiv nennen) erleben, als im Nebenhaus bei uns die ganze Nacht die Musik auf Hochtouren lief!

Am Samstag Morgen kommen die Gäste um den Leichnam zu sehen. Am Vortag und heute wird Kleidung in den Farben rot/schwarz getragen. Gegen acht Uhr wird die Leiche in die Kirche gebracht und es wird eine Messe veranstaltet. Anschließend können die Gäste etwas essen, trinken und Geld an die Hinterbliebenen spenden. Bis abends wird dann wieder gemeinsam Zeit (mit Musik) verbracht - heute endet es allerdings gegen 18 Uhr (man will ja die Nachbarn nicht belästigen!).

Am Sonntag wird weiß/schwarze Kleidung getragen und der Tag um neun Uhr mit einer Messe in der Kirche begonnen. Danach geht es wieder zum Familien-Haus zurück um bis abends wieder die Zeit miteinander zu verbringen.


Verpackungen & Müll

Darüber hätte ich besonders gerne mehr geschrieben. Gar nicht mal so überspitzt gesagt, kann man behaupten, dass man beim Kauf einer Kunststoff-Tüte eine Kunststoff-Tüte zum Tragen dazu bekommt. Und diese hat dann zuhause meistens schon ihren Zweck erfüllt. Da ist es schön, dass sich Lukas dieses Themas sehr umfassend sogar mit seinen Schülern in der Schule angenommen hat und ein Projekt dazu durchgeführt hat.

Elektroschrottverbrennung in
Agbogbloshie (Accra)


Wie ich wohne

Ich denke, dass ich es mit meiner Unterkunft sehr gut getroffen habe. Das Haus der Gast-Familie hat sechs Bedrooms und dazu die Hall (Wohnzimmer) und Toiletten- und Duschräume und eine Küche draußen im Hof. Wenn man hier Hausverkaufsanzeigen sieht, dann steht dort einfach erst mal nur '2 bedrooms' oder '5 bedrooms'. Die Hall ist immer dabei, wird also nicht weiter aufgeführt. Untergebracht bin ich zusätzlich zu der sechsköpfigen Familie noch mit einer Großmutter meines Gastbruders und dem kleinen Mädel, von dem auch manchmal etwas in meinen Texten zu lesen ist. Eine andere Frau, die bis vor ein paar Monaten noch da war, ist es nun nicht mehr.

Mein Zimmer ist recht groß (etwa 20qm), hat ein großes Bett, einen Schreibtisch, eine Ablagefläche und eine Kleiderstange für meine Kleidung. Zusätzlich habe ich noch weitere Stangen installiert, das Moskitonetz ist immer angebracht und ich habe die Wände mit einer Ghana-Karte und vielen Fotos bunter gemacht. In ein paar Tagen wird der Raum wohl wieder sehr kahl aussehen...


Dies waren nur wenige der großen Themen. Ein weiterer empfehlenswerter Beitrag stammt von Tomma und setzt sich mit dem Gefühlsleben vor Ort auseinander, wovon ich vielem zustimmen kann.

Ein Beitrag wird noch folgen, in diesem werde ich auch das Thema Musik noch einmal aufgreifen. Ich schrieb oft von Musik, bald kann man selber testen, ob einem auch das eine oder andere Lied gefällt!

Samstag, 21. Juli 2012

Morgens, 1:25 Uhr in Accra

Mein Gastvater betreibt wie schon beschrieben einen Shop, in dem Sanitärmaterial, Wasserrohre und Zeitungen verkauft werden. Die Tages- und Wochenzeitungen werden jeden Morgen (bzw. einmal in der Woche) geliefert. Das ist meistens vor sechs Uhr morgens, manchmal sind sie aber auch um sieben noch nicht da. Außerdem gibt es noch viele verschiedene Glücksspielzeitungen von privaten Anbietern. Diese Zeitungen werden jeden Samstag von meinem Gastvater in Accra gekauft und die nicht verkauften werde zurückgegeben. Letzte Woche Samstag haben ich ihn auf dieser Tour begleitet.

Es beginnt damit, dass er die alten Zeitungen zusammenrollt und mit diesen dann im Trotro nach Accra fährt. Ich war an diesem Tag schon in Accra, weshalb ich mich abends mit ihm dort traf. Ich wartete gegen zehn Uhr abends an der Poststation im Süden Accras auf ihn. Währenddessen sprach mich jemand an und ich erfuhr, dass von der Elfenbeinküste ist. Er wollte sich gerne mit mir unterhalten und war auch sehr nett, doch kamen wir aufgrund sprachlicher Barrieren nicht weit. Meine wenigen Brocken französisch standen seinen wenigen Brocken englisch gegenüber. Was ihn aber nicht davon abhielt, weiter sein Glück zu versuchen. Doch traf ich kurze Zeit später meinen Gastvater und konnte mit ihm losziehen. Er führte mich zu dem Ort, an dem später in der Nacht die neuen Zeitungen angeliefert werden und stellte mich auch zwei Freunden vor, die schon vor Ort waren. Da noch Zeit war, setzten wir uns gemeinsam in einen Spot und danach ging es zurück. Dieser Ort war ein Haus mit einem großen Innenhof, in dem schon einige auf dem Boden und auf Tischen schliefen und auf die Ankunft der Zeitungen warteten. Mir wurde auch eine Schlafstelle hergerichtet. Einige der alten Zeitungen wurden im inneren des Gebäudes auf dem Boden ausgelegt und ich legte mich darauf um zu schlafen. Auf dem Rücken war es recht bequem, auf der Seite hätte ich gerne geschlafen, doch brauche ich dafür wohl noch etwas Übung. Im Haus war es mollig warm und andere schliefen auch dort schon oder zählten Zeitungen.

Im Gebäude
Im Innenhof
Meine Nacht war nach etwa zwei Stunden schon wieder vorbei, als mich mein Gastvater um 1:25 Uhr weckte und mir mitteilte, dass die Zeitungen nun da wären. Gemeinsam nahmen wir einige Zeitungen aus den beiden mitgebrachten Säcken und gingen zu den entsprechenden Stellen um sie zurückzugeben und die neuen für die folgende Woche zu bekommen. Die zurückgegebenen wurden von den Händlern noch einmal gezählt und auch wir zählten die neuen, da es manchmal vorkommen kann, dass ein Exemplar fehlt, was auch zwei Mal der Fall war. Bei einem Stand bräuchten wir nicht zählen, meinte mein Gastvater, da es bei dem immer stimmen würde.

Zeitungen die ausgegeben werden
Jedes Wochenende kauft mein Gastvater 24 verschiedene Blätter (von jeder Zeitung von 10 bis 150 Exemplare) mit Zahlen über Zahlen und ebensoviele Stände mussten dementsprechend auch abgeklappert werden. Die Frau an dem einen Stand tauchte auch erst später auf, so dass wir auf sie warten mussten. Die ganze Zeit über herrschte ein reges Treiben auf dem Hof. Das ist auch nicht verwunderlich - Accra ist die einzige Ausgabestelle des Landes. Ich hatte vermutet, dass auch Zeitungen in größeren Städten weiter im Norden verkauft werden würden, doch wurde ich da von meinem Gastvater eines besseren belehrt. Ich hielt es ja schon für aufwändig, jeden Samstag von Swedru ungefähr zwei Stunden unterwegs zu sein, aber es kommen auch Transporter aus dem Norden und die werden dann mit sehr vielen Zeitungen beladen und am Ziel weiterverteilt. Diese sind dann aber natürlich aufgrund der Strecke nicht gleich am Sonntagmorgen zu kaufen. Und sie können auch teurer sein. Wenn eine Zeitung sonst einen Cedi kostet, kann es sein, dass man im Norden dafür 1,30 oder 1,50 Cedi bezahlen muss. Außerdem werden die Zeitungen auch in die Elfenbeinküste und nach Nigeria verkauft. Ich hätte nicht gedacht, dass das so weit reicht und die Zeitungen wirklich nur aus Accra kommen!

Die Zeitungen sind für mich ein heilloses Durcheinander von Zahlen. Andere scheinen damit mehr anzufangen zu wissen. Es sind nämlich die Ziehungen der letzten Jahre abgedruckt, so bspw. von 1997 bis jetzt. Dies deshalb, damit man versuchen kann, ein System zu erkennen und daraus abgeleitet einen passenden Tipp abzugeben. Ob's klappt?

Mein Gastvater an einem Stand
24 Zeitungen zu bekommen sollte eigentlich zügig gehen, gebraucht habe wir aber doch bis fünf Uhr morgens. Zwischendurch setzte ich mich auf unsere Zeitungssäcke und wartete auf meinen Gastvater, der noch alleine vereinzelte Stände abklapperte. Und man mag es nicht glauben - ich fand es schon kalt! Während ich da so saß sprachen mich zwar auch ein paar Leute an, doch hätte ich mit mehr Aufsehen gerechnet, wenn ich mit dabei bin. Aber so war es mir auch recht. Es mag daran gelegen haben, dass die Leute sahen, dass ich mit meinem Gastvater da war.

Wir fuhren schließlich zur Trotro-Station in den Stadtteil Kaneshie wo ich mich verabschiedete um am Sonntag noch eine Freiwillige am Flughafen zu verabschieden. Ich wartete oben auf einer Fußgängerbrücke auf den Sonnenaufgang, der aber leider nicht kam - es wurde einfach nur überall hell. Danach ging ich zur Trotro-Station zurück und suchte mir ein schönes Plätzchen zum Schlafen. Ich fand eine Bank, auf der andere Leute saßen (aber nicht schliefen), gesellte mich zu ihnen und verfiel nach der langen (bzw. kurzen Nacht) von halb sieben bis sieben in einen leichten Schlaf.

Bis eine Frau an meinem Bein rüttelte: "Oooobroni!" Hmpf!

Zeitungen im Shop.
Rechts die Glücksspielblätter.

Sonntag, 8. Juli 2012

Frauen in weiß

Bevor es hier losgeht, möchte ich noch auf einen Nachtrag zum letzten Beitrag hinweisen.

Doch nun geht's los:

Ich saß letzte Woche in unserem ICT-Raum und es kamen drei Schülerinnen mit weißen Kleidern herein. Sie wollten unsere Feger zum Kehren haben. Die haben sie bekommen, mussten aber dem Kollegen versprechen, sie wiederzubringen. Danach erkundigte ich mich, warum sie so komisch gekleidet waren (die Schulfarben sind grün und gelb). Das waren Schülerinnen einer Home-Economics-Klasse, die sich für ihren praktischen Unterricht um einen sauberen Arbeitsplatz kümmern sollten.

Ich lief den Mädels hinterher und landete in einem Raum mit mehreren Gas-Öfen, Tischen und allerlei Zutaten darauf. An den Arbeitsplätzen standen viele weitere weiß gekleidete Mädchen. Ich schaute mir die einzelnen Tische an und erkundigte mich, was dort gerade hergestellt wird. Die Grundaufgabe war Brot, doch konnte jede Gruppe sich selber für ein bestimmtes entscheiden. So hatte eine Gruppe ein Rezept für französisches Baguette (zu dieser Brotform weiter unten noch mehr), eine andere machte das hier u. a. übliche Butter-Bred. Eine weitere Gruppe machte ein gelbes Brot, der Name war aber leider nicht so eingängig – ich habe ihn vergessen :( Aber interessant sah es aus.


So wurden die Zutaten zusammengeworfen und der Teig anschließend kräftig geknetet. Das sah so aus, als hätten sie Erfahrung damit und das ganze Geschehen machte mir Lust, es zuhause in der Heimat auch mal zu probieren.

In einer anderen Ecke des Raumes waren fünf andere Mädels in ihrer normalen Schuluniform. Diese buken allerdings nicht, sondern schnippelten an Stoff herum und nähten. Als ich gerade zu ihnen kam, hatten sie wohl irgendetwas nicht zur Zufriedenheit der Lehrerin gemacht – sie durften einige Stock-Hiebe auf ihre ausgestreckten Handflächen einstecken. Danach ging es aber ganz normal weiter. Ihre Aufgabe war es gerade, kleine Hemden zum Üben in Barbiepuppen-Größe zu schneidern.


Später wurden die Brote in ihren Formen nach draußen in die Sonne gestellt und mit einem Handtuch abgedeckt. Nach einiger Zeit dort ging es für die Backwaren in den Ofen.

Es war schön, eine Schulstunde abseits des bekannten ICT-Unterrichts zu erleben und ließ mich auch wieder an Textiles Gestalten bei mir in der Schule erinnern.

Bevor ich am selben Tag die Schule verlassen wollte, schaute ich noch einmal bei einer meiner ICT-Klassen vorbei (dies ist eine Klasse mit Agrar-Schwerpunkt). Die Schüler standen um einen Tisch und zwei Lehrer. Ah, Innereien. Es wurden die einzelnen Organe gezeigt und erklärt. Manche mussten dafür erst noch freigelegt werden.


Das Tier von dem sie stammten, lag auf einem anderen Tisch. Da ich nicht erkennen konnte um was für eins es sich handelte (es hatte keine Haare und keinen Kopf mehr – hm, mal schreibe ich von Köpfen ohne Tiere, hier von einem Tier ohne Kopf), fragte ich einen Schüler. Eine Ziege war's.


Am Wochenende ging es mit drei anderen Freiwilligen nach Accra. Von ihnen hatte ich zu meinem Geburtstag einen Gutschein zum Essen gehen bekommen. Ghanaisches Essen genieße ich ja meistens, dieses mal sollte es etwas anderes sein. Ich entschied mich für mit Fleisch gefülltes Baguette (war es Ziege?), Pommes und Salat. Wobei ich das meiste ghanaische Essen zwar mag, war es doch schön mal wieder etwas anderes zu essen. Von anderen Freiwilligen habe ich noch einen Gutschein zum Pizza essen :)

Mittwoch, 27. Juni 2012

Blöder Abwasserkanal!

In der Zeitung stand mal, wie ein Politiker in einen Abwasserkanal gefallen ist. Einen anderen Freiwilligen hat es hier auch getroffen. Haha, wie doof :)

Der Dienstag war ein fleißiger Tag. Heute war ich nicht in der Schule, da ich stattdessen bei einem Meeting unserer Spenden-Gruppe war. Wir trafen uns mit dem Leiter eines Waisenhauses um mit ihm zu besprechen, ob wir das Haus unterstützen können, damit sie dort wieder eine Bäckerei betreiben können (wurde dort nämlich schon einmal). Damit soll das Waisenhaus die Möglichkeit haben, selber Geld verdienen zu können und unser Plan war, mit gesammelten Spenden eine Startfinanzierung zu leisten.

Die Zeit danach war ich mit einer anderen Freiwilligen in Swedru (so sagen die Insider wie wir - nur Anfänger sagen noch Agona Swedru!) unterwegs. Sie besuchte einen Schneider um Kleider abzuholen, ich wollte bei einem anderen aus dem Schulstoff den ich von meinem Mitfreiwilligen in der Schule bekommen hatte mir ein weiteres Hemd schneidern lassen.

Den Taylor in Sichtweite stand in der Nähe ein Kleintransporter und drei Männer mühten sich ab, ihn anzuschieben. Ich wurde nach einem "white man" zur Begrüßung eingeladen mitzumachen. Klar. Nachdem ich bewiesen hatte, wie stark ich war, konnte ich erhobenen Hauptes weiter zum Schneider gehen. Noch den kleinen Abwasserkanal umrunden und schon da. Hm, nehmen wir den längeren Weg mit der Brücke oder den kürzeren über die fußbreite Mauer? Ich entschied mich für letzteres.

Ein Schritt auf der Mauer, ein weiterer. Dann war der Plan, auf ein kleines Grasbüschel neben der Mauer zu treten, welches aus einer Wasserlache hervorlugte. Danach wollte ich nach vorne greifen, um mich an einer senkrechten Metallstange festzuhalten und schon sollte ich da sein. Naja, es kann ja nicht alles mit dem Spruch von Hannibal vom A-Team abgeschlossen werden ("Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert!").


Der Tritt aufs Grasbüschel scheiterte - es hatte sich nur als Gras getarnt und war in Wirklichkeit auch Wasser. Ich trete zu und sackte ab, falle nach vorne und will die Stange greifen, aber auch das wurde dann nichts mehr. Dafür rutschte ich hinab in den Abwasserkanal (wer weiß, welches Abwasser sich darin so tummelt). Ich wollte mich noch irgendwo festhalten, schlug aber stattdessen nur noch als Zugabe mit den Händen in die hinterhältige neben der Mauer platzierte Wasserlache.

Huch, was ist denn da passiert?
Das Ergebnis war ein nasser Jörn, der schnell wieder (nun gesenkten Hauptes) aus dem Kanal stieg. Hoch war das Wasser nicht, aber ekelig. Interessierte gab es genug um mich herum - wie zum Beispiel die Herren vom Transporter, den Schneider und einige andere. Mir wurden gleich viele besorgte "sorrys" zugerufen und da ich wohl etwas straßenuntaugleich aussah, kam gleich eine Frau mit einem Eimer Wasser und ein Mann half mir, mich notdürftig an Armen, Beinen und im Gesicht zu waschen.

So, bitte lächeln!
Meine Begleiterin fand es nach dem ersten Schreck lustig und auch ich konnte darüber lachen. Wenn ich das schon über andere Verunglückte kann, dann auch über mich. Auch beim Schreiben kommt mir wieder das Grinsen, weil ich mir denke: Haha, wie doof :)

Ich versuchte mich danach noch einmal an dem schmalen Übergang (yeah, geschafft!), da ich ja noch zum Schneider wollte. Die andere Freiwillige blieb mit der Kamera zurück - vielleicht gibt es ja noch was zu dokumentieren. Als ich wieder ging, wünschte er mir noch "safe journey". Wie nett :)

Zuhause habe ich dann meine Kleidung und den Rucksack gewaschen. Puh, roch nicht gut. Und das Wasser sah danach auch nicht mehr so lecker aus.


[Nachtrag]
Wir hatten mittlerweile unser letztes Seminar hier in Ghana. Unser Abschlussseminar. Was ist noch zu beachten bevor es zurückgeht, wie zufrieden sind wir mit unserem Erreichten während unseres Aufenthalts etc.

Der ARA-Leiter hatte auch den neusten Tratsch aus der Stadt dabei. Er hatte gehört, dass ein Weißer in ein Abwasserkanal gefallen war; ob das einer von uns war. Da dachte ich mir, dass das wohl noch anderen passiert - welch ein Zufall. Und er war in Begleitung. Na, ist ja nicht ungewöhnlich. Es war eine andere Weiße. Hm, es sollte doch nicht etwa...? Und diese soll laut gelacht haben, als der Freiwillige im Gutter gelandet war. Da musste ich aber doch losprusten und gab mich zu erkennen. Zuerst dachte ich wirklich, dass es jemand anders hätte sein können, doch hatten sich die Hinweise immer weiter verdichtet.

Ich war erstaunt, dass sowas zu unserem Leiter durchdrang :)
[/Nachtrag]

Sonntag, 17. Juni 2012

Spendeninfo & Blog-Frage

In dem Eintrag Spenden (siehe die Leiste oben) im Blog geht es darum, dass ich mich für meinen Freiwilligendienst um Spendengelder kümmern muss, um 25% der anfallenden Kosten zu decken. Nun, kurz vorm Ende meines hiesigen Aufenthalts, ist das Spendensoll erfüllt. Somit ist es nicht mehr nötig weiter zu spenden - möglich ist es aber trotzdem. Dieses Geld wird dann aber nicht mehr für mein Projekt verwendet, sondern kommt meiner Entsendeorganisation ijgd zugute, welche dieses Geld für andere Dienste und anfallende Kosten nutzen kann.

"Kurz vorm Ende"

40 Tage werde ich nun noch in Ghana bleiben. Also nicht mehr viel Zeit. In meinem Blog habe ich schon über einige Dinge geschrieben - meine Frage ist, ob es Dinge gibt, auf die schon lange gehofft wurde, die aber hier noch nicht behandelt wurden. Was möchtet ihr/möchten Sie gerne noch erfahren oder worüber etwas lesen? Wenn es sich machen lässt, werde ich darüber gerne einen Eintrag schreiben.

Ideen gerne über die Kommentarfunktion, per Mail oder bei Facebook.


Das Bild stammt von der Bank of Ghana
https://www.bog.gov.gh
Das Geld ist beisammen. Hier handelt es sich um die bis Ende 2007 gültige Cedi-Währung. Ab 2008 gab es den neuen Ghana-Cedi - es wurden vier Nullen gestichen. Auf dem Bild sehen wir 10.000 alte Cedi - für diesen Wert gab es ab 2008 1¢-Scheine (etwa 40ct). Gerechnet wird aber meistens doch noch immer in der alten Währung. So wird einem der Preis für eine Taxifahrt mit "five-thousand" genannt - bezahlt wird dann mit 50 Pesewas.

Tag der Unabhängigkeit

Wir haben den 3. Oktober als unseren nationalen Feiertag, die Amerikaner haben wie man seit spätestens dem gleichnamigen Film weiß den Independance Day und in Ghana gibt es auch einen Unabhängigkeitstag - und darüber hatte ich ja versprochen noch zu schreiben.

Ich gehe davon aus, dass mehr ghanaische Kinder wissen, wann deren Feiertag ist, als dass bei uns die Kinder wissen, dass oder wofür auch es den 3. Oktober gibt. Die Nationalhymne kann auch gut gesungen werden, da sie jeden Morgen beim Appell in der Schule geträllert wird.

Ich war das Wochenende vor dem 6. März (das ist der Unabhängigkeitstag) mal wieder in Accra. Beim Independence Square sah ich einige Leute, die damit beschäftigt waren, die Straßenmarkierungen zu erneuern und außerdem frische Blumen zu pflanzen. Auf dem Black-Star-Denkmal standen einige Leute in Uniform wie auch in der Nähe des Independence Squares. Welche ein Zufall – ich wusste zwar noch nicht um was es ging, freute mich aber, dass ich wieder etwas sehen und erleben konnte – ungeplant.

Auf dem Square waren viele Menschen und Fahrzeuge in Reih' und Glied abgestellt. Es gab welche von der Polizei, der Feuerwehr und der Armee. Die Aufgabe war nun bei dieser Generalprobe (als welche ich diese Veranstaltung nun entlarvte), zu marschieren und alles für den 6. März zu testen, da ja alles gut klappen sollte, wenn die Veranstaltung einige Tage später für ganz Ghana im Fernsehen gezeigt werden sollte. Beteiligt waren außerdem viele Schulen und die Schüler marschierten daher ebenso mit.


Später las ich in der Zeitung, dass überlegt wird, die Schüler nicht mehr mitmarschieren zu lassen. Der Grund war, dass bei der Veranstaltung wohl immer viele Schüler ohnmächtig werden, wenn sie die ganze Zeit in der Sonne stehen und nichts trinken können. Das hatte ich auch bei der Generalprobe erlebt – wobei ich mir da nicht sicher war, ob sie wirklich ohnmächtig wurden, oder das nur gespielt wurde, um die abgestellten Rettungskräfte auch auf den Ernstfall vorzubereiten.

Am 6. März selber war ich zuhause in Agona Swedru und besuchte mit meinem kleinsten Gastbruder und dem anderen Mädel aus unserem Haus unseren Sportplatz, auf dem die örtliche Veranstaltung stattfinden sollte.

Das Programm war nicht sehr interessant. Es war aber schön anzusehen, die ganzen Schüler in ihren Schuluniformen marschieren zu sehen. Vorweg ging immer ein Lehrer. Eine andere Freiwillige war auch gebeten worden, bei ihrer Schulgruppe vorweg zu laufen, was sie aber gerade noch verhindern konnte :)


Schüler meiner Schule waren auch dabei und ich sah sie schon die beiden Wochen zuvor auf unserem Sportplatz zu Übungszwecken marschieren. Es waren bestimmt 30 Schulen dabei – wenn nicht mehr.

Schüler meiner Schule
Ich schreibe, dass es schön anzusehen war. Was denkt man aber als Leser darüber? Ah, marschieren, ja, kennt man ja. Und man hat möglicherweise gleich bestimmte Bilder vor Augen. Doch kann man natürlich nicht alles gleichsetzen. Marschieren ist hier für jung und alt eine Sache bei der sie mit Spaß und Ernst dabei sind. Bei den sonntäglichen Zügen in die Kirchen mit Kappellenunterstützung wird ebenfalls marschiert. Das war zwar auch für mich zu Beginn ungewöhnlich, aber hier ist es ganz normal.

Zwischendrin spielten verschiedene Kapellen Musik; besser gesagt, sie bekriegten sich. Es wurde weiter nicht darauf geachtet, ob gerade andere spielten – wenn man meinte dran zu sein, ging es los :)


Viel gab das Programm nicht her, doch war es nett, dabei gewesen zu sein.

Freitag, 1. Juni 2012

Tote und lebende Tiere in Keta

Letzte Woche war der Freitag frei (Africa Day). Somit konnten drei Tage für eine Fahrt in die Volta-Region, die im Osten Ghanas und an der Grenze zu Togo liegt, genutzt werden. Ich war mit einer anderen Freiwilligen unterwegs. Wir fuhren nach Keta. Dieser Ort liegt auf einem schmalen Landstrich zwischen Atlantik und Lagunen.

Es ging zuerst mit einem Trotro nach Accra und von dort direkt nach Keta. Damit kam ich Togo sehr nahe. Einige Ghana-Freiwillige haben dort schon andere Volontäre besucht, die eben in Togo ihre Einsatzstelle haben. Es wäre schön, wenn ich das auch noch machen könnte, doch bleiben mir nun nur noch zwei Monate hier, somit dürfte es knapp werden.

Vor Ort suchten wir nach einer Unterkunft, für die wir uns zuvor mithilfe des Reiseführers entschieden hatten. Da wir keinen Stadtplan (Dorfplan würde aber wohl besser passen) hatten, liefen wir auf gut Glück umher und fanden als erstes das Fort, welches wir auch besuchen wollten.


Dieses war 1784 von den Dänen erbaut worden, um von dort Sklaven verschiffen zu können.

Wir ließen uns durch die Ruine führen und einige interessante Dinge erklären. Vergleichbar ist dieser Ort mit den Sklavenburgen in beispielsweise Cape Coast und Elmina aufgrund der geringen Größe und des Zustands allerdings nicht. Viel mehr als 100 Sklaven waren hier nicht gleichzeitig untergebracht –- im Gegensatz zu Cape Coast, wo allein 500 Männer eingesperrt auf ihren Abtransport warteten.

In Keta und Umgebung gab es lange Zeit das Problem, dass das Meer sich immer mehr des Landes bemächtigte. Somit hätte es auch nicht mehr lange gedauert, bis dem Fort der Boden abgegraben worden wäre. Um dies zu verhindern, wurde das Ufer befestigt. Dazu wurden große Gesteinsbrocken von der Oberfläche in bis zu zehn Metern Tiefe vergraben. Dies hat einige Millionen Euro gekostet.

Ein Bild von Wiki von 1985.
Auf dem ersten Bild unter diesem Absatz  kann man schemenhaft etwas rechts einige Fischerbote auf dem Wasser erkennen. Über diese Stelle erzählte uns unser Führer, dass er erlebt hatte, wie dort noch Land und Gebäude waren. Zu diesem Zeitpunkt war das Ufer noch nicht befestigt gewesen und das Meer konnte somit einfach Landraub begehen. 


Wir besuchten in dem Ort außerdem am folgenden Tag den Markt. Meine Begleiterin wollte gerne Schalen kaufen, die aus ausgehöhlten Früchten hergestellt werden. Während ich so dabei stand, und den Blick auf die anderen Waren des Verkäufers warf, entdeckte ich einen toten Vogel dabei. Interessant, doch was macht der da? Doch dann zeigte mir der Verkäufer noch weitere Tiere. Entweder ganze Tiere oder nur deren Köpfe. Nun erfuhren wir auch, dass diese Tiere für rituelle Zwecke verwendet werden. Für den Hundekopf sind 30 Cedi (etwa 12€) zu bezahlen.


 

Diese Tiere dort zu sehen war einerseits befremdlich, andererseits aber halt auch interessant, zumal der Verkäufer auch einiges erklärte und sagte, um welche Tiere es sich handelte, was man auf den ersten Blick nicht immer erkennen konnte.


In einer mit Wasser gefüllten Kühlbox gab es aber auch noch lebende Tiere. Darin waren Schildkröten. Diese können dann auch für rituelle Zwecke oder auch zum Essen verwendet werden.


In der Nähe gab es auch das Flussdelta, über welches das Wasser des Volta-Flusses in den Atlantik geführt wird. Wir hatten vor, diesen Ort zu entdecken, kamen aber (da es schon langsam dunkel wurde) nur in die Nähe. Aber auch der Blick auf das Meer und die Lagunen davor waren ein schönes Bild.

Auf dem Weg dorthin sahen wir einige Tiere die am Ufer eines Flusses herumsprangen. Ich ließ mich von meiner begeisterten Begleiterin darüber aufklären, dass es sich hierbei um Schlammspringer handelte (und sie hatte dazu in der Schule mal ein Referat gehalten, die Tiere aber nie in echt gesehen). Diese Tiere sind Fische, welche aber an Land leben. Wie es sich aber für Fische gehört, haben sie Kiemen, so dass sie ab und an Wasser aus kleinen Wassermulden aufnehmen müssen, um ihre Kiemen zu füllen. Sie bewegen sich an Land mit ihren Vorderflossen fort und springen so durch die Gegend.

 
Ich freute mich darüber, einem Fischer bei seiner Arbeit zuzusehen. Er warf sein Netz in den Fluss, zog es ein und versuchte so, kleine Fische zu fangen. Die Ausbeute war allerdings mager -– am meisten fing er Blätter.


Auf der Rückreise kaufte die Mitfreiwillige aus dem Trotro heraus einen Beutel mit Krebsen als Mitbringsel für ihre Gastmutter. Die Krebse lebten noch. Kurz danach wurden wir zu einer etwa einstündigen Pause gezwungen, da es wohl ein Problem mit dem Keilriemen unseres Fahrzeugs gab. Ob das öfters vorkam? Es war jedenfalls praktisch, dass der Fahrer wie zufällig drei weitere Riemen dabei hatte...!


Weiterführende Links

In einem Podcast (vom 26. Feb. 2012) von NDR Info geht es um ein Dorf in der Nähe des Flussdeltas, welches versucht, mit Müll wieder mehr Land zu gewinnen (2. Beitrag ab 7:05min) (oder Download). [Nachtrag vom 2017-11-11: Leider ist der Podcast nicht mehr verfügbar.]

Um sich einen Überblick über die Lage der Orte zwischen Lagune und Meer zu machen, bietet GoogleMaps einen guten Überblick.